Donnerstag, 18. November 2010

Der nächste NPD-Genosse

Nach Thilo Sarrazin hat es scheinbar den nächsten erwischt. Hans Püschel, Bürgermeister aus Krauschwitz dreht ab! Zumindest stellt es sich so die Bild der Spiegel vor. Für dessen gnadenlos guten Journalismus spricht schon einmal, dass sie es im Zeitalter des Internets zwar schaffen vier Links auf eigene Spiegel Themen zu setzen, aber keinen einzigen zu dem Leserbrief um den es in dem ganzen Artikel geht. Ich hole das nach: leider ist er nur auf irgendwelchen NPD-nahen Seiten zu finden. Aber man sollte ihn schon gelesen haben, um der fundierten Argumentation des Spiegels folgen zu können.

Schon der zweite Satz im Spiegel Artikel enthält eine glatte Lüge.
Und eigentlich, findet Hans Püschel, seien das auch gar keine so üblen Leute.
Der eigentliche Leserbrief enthält an dieser Stelle eher den Vergleich mit den Erwartungen Püschels ("Springerstiefel", "Schlägertypen") mit dem Vorgefundenen: "Viele junge Leute, Frauen sogar Kinder. Ich war fast etwas enttäuscht: Beinahe wie auf einem SPD-Parteitag!". Aus einer Tatsachenbeschreibung wird ruck zuck die Umarmung der NPD.

Aber ich will mich nicht zu lange mit dem Spiegel aufhalten, eigentlich geht es hier nämlich um Püschel. Püschel dem aus demokratischen Beißreflex die Veröffentlichung seines Leserbriefs verwehrt wird. Warum sollte sich auch jemand damit auseinander setzen wollen. Es ist so viel einfacher gegen die NPD zu schießen mit dem althergebrachten Argument: sind doch alle Nazis.

Ich will hier nichts verharmlosen. Rechtsradikales Gedankengut (rechtes Gedankengut findet man auch in der CDU), Rassismus und Faschismus sind konsequent abzulehnen. Aber mit den Gedanken abseits diesen Gedankenguts muss man sich auseinander setzen. Das macht bei den etablierten Parteien leider keiner.

Aber warum nicht? Ich vermute, weil sie es auch nicht so richtig lösen können. Püschel spricht von einem kranken Deutschland und dass seine Gespräche mit Franz Müntefering ergeben haben, dass Einwanderung auch keine "Rettung vorm Rollstuhl" für Deutschland bringt. Er wünscht sich das, was alle versprechen: Familienfreundlichkeit. Bei der NPD sieht er Ansätze, wie das gelöst werden kann. Bei seiner eigenen Partei sieht er, dass nicht das Volk im Mittelgrund steht, sonder große Finanz- und Wirtschaftsgruppen.  Dies sieht er als Problem. Und er zieht die selben Schlüsse daraus, wie einige Teile der Bevölkerung, die sich von der Politik verschaukelt fühlen: wenn es die nicht schaffen, dann müssen es andere tun.

Die deutsche Politik hat ein Problem. Sie kann sich nicht rechtfertigen. Sie steht nicht hinter ihren Beschlüssen. Sie kann nicht sagen, warum gerade das, was jetzt gemacht wird gut für die Menschen ist. Deswegen fällt es ihr auch schwer, gegen die Ideen der NPD vorzugehen. Würde sie versuchen Argumente zu bringen, käme sie selbst schnell in Rechtfertigungsschwierigkeiten.

Herr Püschel hat auch einige Gründe mehr, warum er dem aktuellen Staat nicht unkritisch gegenüber steht. In einem Interview erwähnt er, wie seine Gemeinde durch ein Gerichtsurteil von einem Tag auf den nächsten in die Pleite gerutscht ist und wie bei der Gebietsreform 10% der Betroffenen Regierenden undemokratisch behandelt wurden. Es sind die selben Gründe, die andere auch der NPD zusprechen lassen. Verlassen von der Politik, eingezwängt in finanzielle Interessen.

Wir alle wünschen uns doch letztendlich ein humanes Leben. Wir wünschen uns nicht als Wirtschaftsfaktor gesehen zu werden. Wir wünschen uns, dass die Wirtschaft für uns da ist, und dass wir im Alter auch noch würdevoll leben können. Das sind die Forderungen an die aktuelle Politik. Das sind die Forderungen, die seit 10 Jahren im Raum stehen und von keiner der aktuellen Parteien einleuchtend für das Volk beantwortet wurden. Da ist es kein Wunder, wenn die Populisten Zulauf bekommen. Sarrazin, NPD, wer auch immer irgendwelche Lösungen verspricht, der wird mit Kusshand genommen.

Um mit Worten Püschels abzuschließen:
Zumindest wollen sie sich nicht mit dem Weg Deutschlands hin zum
Altersheim abfinden – Ich auch nicht! Und ich hoffe, viele Andere
ebenfalls nicht. Aber dazu bedarf es radikaler Änderungen, wenn es nicht
zu spät sein soll, weit mehr als nur Rente mit 67 und erhöhter
Einwanderung.